Filmische Hyperlinks

Die Möglichkeiten der Hyperlink-Technik für das filmische Erzählen kennenlernen und einordnen

In allen drei Läufen rennt Lola an einer Frau mit einem Kleinkind im Buggy vorbei. Sie läuft zunächst eine Friedhofsmauer entlang (Alter Garnisonsfriedhof 📍 in Berlin Mitte) und biegt dann rechts ab, wobei sie die Frau mit Kind passiert. Die Geschichte der namenlosen Frau wird in wenigen Sekunden mittels Hyperlink-Technik dreimal anders erzählt.

Unter Hyperlink-Technik versteht man Abstecher des Erzählens im Film, die in Sekundenschnelle, vergleichbar dem visuellen Blitzlichtgewitter eines Videoclips, eine Fülle von Informationen zu einer Person oder einem Ereignis abspulen. Dieses Vorgehen ähnelt der Recherche am Computer, bei der man sich blitzschnell durch das Anklicken von Links Informationen zusammenstellen kann. Anders als eine Nebenhandlung treiben solche Hyperlinks die Haupthandlung jedoch nicht weiter voran. Diese Exkurse sind nur sehr kurz und lenken den Zuschauer nicht ernsthaft von der Haupthandlung ab. Es ist eben, als könne man „als Zuschauer die einzelnen Figuren anklicken, um vertiefende Informationen über sie zu erhalten“.

Quelle: Jean-Luc Froidevaux, nach Klant/Spielmann, Grundkurs Film I, Schroedel 2008, S. 66f.

Speziell zu den "Polaroid-Lebensläufen" im Film: Gab es da auch Überlegungen, wie schnell können wir die zeigen? Sie sind ja sehr lustig, aber so schnell geschnitten, dass man viele Details auch verpasst.

Bonnefoy: Bei diesen Polaroid-Sequenzen, die wir beim Schneiden “Flashforwards“ genannt haben, haben wir extrem viel ausprobiert – wie lang sie sein sollen, diese einzelnen Momente. Wir haben sie am Anfang viel länger gehabt, dann dachten wir: Ist das träge, das geht nicht, das ist viel zu lahm! Dann haben wir sie viel, viel kürzer gehabt, das war fast eine Art Kaleidoskop von Bildern. Und wir haben bis zum Schluss, eigentlich die ganze Zeit, experimentiert. Ich glaube, jetzt stehen sie sechs Frames lang. Sechs Frames ist eine Viertelsekunde, das sind Änderungen, Kleinigkeiten, die kaum registrierbar sind. Aber wir wollten, dass es gerade so wahrnehmbar ist, dass man das Gefühl hat, dass es zu schnell geht. Wir hatten bei den ersten Versionen des Films gemerkt, das man die "Flashforwards" als Flashbacks [als Rückblende auf etwas Vergangenes, Anm. der Red.] missverstehen könnte. Weil man als Zuschauer gewohnt ist, solche überraschenden Folgen von Bildern möglicherweise eher als Flashback zu sehen. Wir haben beim Schnitt plötzlich gedacht: Okay, dann machen wir vor dem Beginn aller dieser Sequenzen eine Tafel mit den Worten “Und dann...“. Damit man spürt: Okay, so geht es weiter. Wir haben extrem viel daran gebastelt.

Quelle und vollständiges Interview als PDF: vierundzwanzig.de,
Video-Interview auf vierundzwanzig.de

Aufgabe 1

  1. Schauen Sie sich die drei Filmausschnitte an und entnehmen Sie Standbilder, um die jeweils erzählte Geschichte der Frau besser nachzuvollziehen zu können. Um ein Standbild zu generieren, tippen Sie auf das Kamera-Icon im Video. Ordnen Sie die Standbilder chronologisch in der entsprechenden Spalte an.

TC: 00:12:22 – 00:12:43

TC: 00:34:41 – 00:34:59

TC: 00:53:24 – 00:53:41

Werkzeuge
  1. Formulieren Sie für jede der drei Hyperlink-Sequenzen eine kurze Zusammenfassung dessen, was die Zukunft für die Frau bereit hält.
  2. Beschreiben Sie, welche Wirkung diese Sequenzen auf Sie haben. Diskutieren Sie mögliche Gründe, warum der Filmemacher die Flashforwards auf diese Art und Weise inszeniert und eingebaut hat.
  3. Vergleichen Sie die in den Flashforwards gezeigte Zukunft der Frau mit dem Verlauf von Lolas Läufen. Können Sie einen Zusammenhang erkennen?
  4. Welche Version von "und dann" würden Sie der Frau wünschen? Begründen Sie.